Im Rahmen unserer Corona-Morgenlage mit dem Verband für Sicherheitstechnik haben wir einen Ländervergleich aufgestellt, in dem die Maßnahmen von drei verschiedenen Ländern, mit verschiedenen Herangehensweisen gegenübergestellt werden.
Diese Woche betrachten wir Schweden:
Corona – was wir von anderen Ländern lernen können… oder auch nicht? – Teil 1: Taiwan
Lisa-Marie Schulze
Verschiedene Länder – verschiedene Strategien.
Die Medien berichten täglich über das Corona-Virus und auch über die unterschiedlichen Herangehensweisen der Länder zur Eindämmung. Es wird viel kritisiert, hinterfragt und verglichen: Fehler werden gefunden und diskutiert. Im Rahmen unserer Corona-Morgenlage mit dem Verband für Sicherheitstechnik (VfS) haben wir einen Ländervergleich aufgestellt, in dem die Maßnahmen von drei verschiedenen Ländern, mit verschiedenen Herangehensweisen, gegenübergestellt werden.
Dazu haben wir im ersten Schritt die Zahlen der Länder verglichen, die für die weitere Betrachtung die Grundlage bilden. In unserem Blog soll nun jede Woche ein anderes Land vorgestellt werden und welche interessanten Wege es beim Kampf gegen das Virus gibt. Diese Woche beginnen wir mit Taiwan.
Die folgende Tabelle zeigt die für die Betrachtung relevanten Zahlen:
Fläche | Einwohner | EW/km² | Infizierte | Tote | Recovered | |
Deutschland | 357.582 km² | 83.166.711 | 233 | 292.911 | 9.571 | 256.000 |
Taiwan | 36.179 km² | 23.574.274 | 651 | 515 | 7 | 484 |
Quelle: worldometers.info/coronavirus, letzter Zugriff: 1.10, 12:50 Uhr
Die Zahlen für Taiwan sind im Vergleich zu Deutschland sehr spannend: Mit einer sehr hohen Bevölkerungsdichte und trotz der Nähe zu China ist es dem Land gelungen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Nun soll betrachtet werden, was die Taiwaner anders gemacht haben.
Kein Lockdown erforderlich:
Einen Lockdown gab es in Taiwan bisher nicht, aufgrund der erfolgreichen Seuchenbekämpfung war ein Lockdown in dem Maße wie in Deutschland oder Italien nicht notwendig.
Masken gehören schon lange zum Alltag in Taiwan:
In China und auch in Taiwan sind Masken aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken, das war aber auch schon lange vor Corona so: Zum Schutz vor Smog und anderen Krankheiten, tragen die Taiwaner schon seit vielen Jahren Masken im Alltag. Während Corona ist das ein großer Vorteil, die Menschen reagierten nicht mit einer Ablehnung des Maskentragens wie die Bevölkerung in Deutschland. Da die Bevölkerung schon an das Tragen von Masken gewöhnt war, gab es keine „Umstellung“ und es stellte auch keine „Einschränkung“ für sie dar.
Als Corona in Wuhan ausbrach, fuhr Taiwan die Maskenproduktion sofort hoch, es wurden so viele Masken produziert, dass diese sogar gespendet werden konnten. Taiwaner und in Taiwan lebende Ausländer können regelmäßig mit ihren Gesundheitskarten neue Masken erwerben oder online bestellen. Die Masken sind pro Person limitiert und werden mit Hilfe der Identitätsprüfung rationiert ausgegeben. Zu Beginn der Pandemie erhielt jeder Bürger 2-3 Masken pro Woche, nun sind es schon 5. Eine Pflicht zum Abstandhalten gibt es nicht.
Keine Schließung von Schulen und Kitas, Bars und Restaurants:
Zu keinem Zeitpunkt der Corona-Pandemie mussten Schulen oder Kitas schließen, auch Bars und Restaurants blieben durchgehend geöffnet.
Tupfertests durch Roboter:
In Taiwan wurden bisher insgesamt 92.109 Tests durchgeführt, das entspricht 3.866 Tests pro 1 Millionen Einwohner. Um das medizinische Personal zu entlasten und zu schützen, hat ein taiwanesisches Unternehmen einen Testroboter entwickelt, welcher Tupfertests autonom an Patienten durchführen kann.
Öffentlicher Nahverkehr am Limit:
Der öffentliche Nahverkehr in Taiwan ist ausgelastet, dieses Problem bestand schon vor der Corona-Pandemie und eine Änderung ist trotz des Virus nicht in Sicht. In Bahnen und Bussen müssen Masken getragen werden.
Strikte Regeln im Gesundheitssektor:
Von Anfang an hat Taiwan eine strenge Linie gefahren, was Verdachtsfälle und Infizierte anbelangt. Jeder Verdachtsfall muss zwei Wochen in Quarantäne, außerdem muss zweimal am Tag selbst Fieber gemessen werden und es gibt zwei Kontrollanrufe pro Tag. So soll sichergestellt werden, dass die Menschen sich an die Quarantäne halten. Auch Kontakte werden sehr streng nachverfolgt, bislang mussten 250.000 Menschen in Quarantäne.
Schnelle Grenzschließung und konsequente Quarantäneregeln:
Direkt im Januar wurde die Einreise aus Wuhan verboten, ab Februar galt ein Einreisestopp aus ganz China. Am 19.03.2020 wurden die Auflagen erneut verschärft und nur noch taiwanische Staatsangehörige und Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung durften ins Land einreisen. Unabhängig von der Nationalität und dem Ausgangspunkt des Fluges, müssen jetzt alle Einreisenden eine 14-tägige Hausquarantäne einhalten, bei Symptomen muss im Krankenhaus ein Test gemacht werden.
Lehren aus der SARS-Epidemie zur optimalen Vorbereitung genutzt:
Taiwan hatte den großen Vorteil, dass durch die SARS Epidemie 2003 viele Pläne vorlagen, die einfach übertragen werden konnten, man hat direkt eine Kommandozentrale eingerichtet und die untergeordneten Behörden müssen sich nach den Anweisungen richten. Die Versorgungslage ist gut und es kam zu keinem Zeitpunkt zu einer Knappheit an Lebensmitteln, Masken oder Medikamenten (oder Klopapier ;)). Man versucht durch viele kleine Maßnahmen, die Verbreitung des Virus zu verhindern, ohne dabei extreme Einschränkungen im Alltag der Taiwaner zu verursachen.
Wirtschaftliche Wachstum trotz Pandemie:
Betrachtet man die wirtschaftlichen Folgen für Taiwan ist man überrascht: Anders als die anderen Länder der Welt verzeichnet das Bruttoinlandsprodukt trotz der Pandemie im ersten Halbjahr 2020 ein Wachstum. Die wirtschaftlichen Auswirkungen wurden durch die Vermeidung von Schließungen einheimischer Betriebe gemildert.
Im nächsten Blogeintrag betrachten wir die etwas andere Strategie der Schweden.